WANDA JACKSON
Let's Have A Party

(Süddeutsche Zeitung Discothek 1961)

Den Rock'n'Roll erfand der Teufel, das glaubten viele Menschen, und Wanda Jackson war offensichtlich seine Braut. Was die Männer mit ihren Gesängen und Hüften anstellten, war bei einer Frau noch lange nicht akzeptiert. Die Songs, die ihr den Titel "Queen of Rockabilly" einbrachten, erhielten wenig Radio-Airplay, und sie hatte Probleme, genügend Auftritte zu bekommen. Sie musste sich ein Jackett überziehen, ehe sie die Bühne der Grand Ole Opry in Nashville betreten durfte.

Die Stimme der "noch nicht einmal zwanzig Jahre alten Wanda Jackson klang, als könnte sie Eier auf ihrem Venushügel braten", schrieb Nick Tosches in seinem Buch über die Unsung Heroes Of Rock'n'Roll.
Als die Single "Let's Have A Party" erschien, war die Party so gut wie aufgelöst und Wanda war auf dem Heimweg: "ich wusste, wenn ich im Geschäft bleiben wollte, dann musste ich zu Country zurückkehren", erinnert sich die alte Dame. Die heute beim Revival ihrer Rocker-Phase überglücklich mitspielt.

Wanda Jackson, geboren 1937 in Maud, Oklahoma, hatte mit dreizehn Jahren ihre eigene Radioshow. Hank Thompson, Chef der populärsten Western Swing Band der Zeit, hörte sie singen, engagierte sie für seine glamouröse Show und zog alle Strippen für die in jeder Hinsicht frühreife Schülerin. Auf Decca landete sie mit "You Can't Have My Love" 1954 einen Country-Hit.

Es war Elvis, der die Schönheit zur Musik der Sünde verführte. Ende 1955 gingen sie gemeinsam auf Tournee. Ihr Vater passte auf, dass sie nicht zu ihm ins Auto stieg, aber ihn daheim besuchen war erlaubt. Sie hörten Platten und Elvis lehrte Wanda den Rock'n'Roll-Gesang. Die Botschaften auf den folgenden Singles für Capitol wurden durch ihre scharfe und sexy Stimme vollkommen eindeutig. Mit dem unglaublichen "Fujiama Mama" war die Sexbombe auf dem Höhepunkt: "I've been to Nagasaki, Hiroshima too, the things I did to them, Baby, I can do to you... And when I start eruptin´, nobody gonna make me stop".

Wanda Jackson markierte die starke Frau nicht nur, die es live als einzige mit den rockenden Männern um Jerry Lee Lewis aufnehmen konnte, sie war es tatsächlich: wenn sich Veranstalter weigerten, zu diesem weißen Mädchen auch noch ihren schwarzen Pianisten Big Al Downing auf die Bühne zu lassen, sagte sie das Konzert ab.

"Let's Have A Party" war ihr einziger kleiner Rock'n'Roll-Hit. Das Stück war 1958 auf dem Album "Wanda Jackson" untergegangen, aber 1960 ließ es ein DJ so wirkungsvoll rotieren, dass die neue Single-Auskopplung bis Platz 37 in den Pop-Charts kam. Während sich Wanda schon auf dem Weg zur braven, großartigen Countrysängerin befand, die in den Sechzigern etwas Erfolg hatte, mit deutschen Produktionen wie "Komm heim, mein Wandersmann" ihre Sünden büßte, ehe sie mit christlichen Songs in Kirchen untertauchte. Rosie Flores konnte ihr Idol 1996 für eine Tournee gewinnen, und so bemerkte die alte Dame verblüfft, dass sie von einer neuen Fan-Generation als "Queen of Rockabilly" verehrt bzw. als frühes Riot Grrrl angesehen wird. Seitdem genießt Wanda Jackson ihr verdientes Comeback und singt bei Konzerten die guten und auch wieder die bösen Songs.

Zu Weiterhören: Auf "Wanda Rocks" (CD Bear Family) sind die Klassiker versammelt. Mit "Heart Break" (CD/LP CMH-Rec.) veröffentlichte sie 2003 ein wunderbares neues Album, unterstützt von Rosie Flores, Elvis Costello, Dave Alvin und The Cramps. Das Tribute-Album "Heard-Headed Woman" (CD Bloodshot) zeigt, wie stark ihr Einfluss bei den jüngeren Rockabilly/Country-Rebellen ist.